Dieses in Ostpreußen entstandene Kirchenlied aus dem 17. Jahrhundert gehört sowohl in der evangelischen Kirche, in der römisch-katholischen Kirche als auch in vielen evangelischen Freikirchen zu den bekanntesten und beliebtesten Adventsliedern. Der Text stammt von Georg Weissel (1590–1635) und wurde 1623 in Königsberg verfasst.
Manchmal entstehen im Umfeld von großen Bauten oder großen Kunstwerken Geschichten, die die Bedeutung dieses Kulturgutes besonders unterstreichen: Es sind so genannte Gründungslegenden. So gibt es auch über die Entstehung von „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ eine Geschichte, eine fromme Legende, von einem gewissen Herrn Sturgis:
In Königsberg, wo Georg Weissel Pfarrer war, lebte auch ein reicher Geschäftsmann, der Herr Sturgis. Dieser Mann hatte sich ein großes Grundstück gekauft und darauf ein schönes großes Haus gebaut. Hinter dem Haus von Herrn Sturgis war ein Armenhaus. Auf der anderen Seite des Grundstücks lagen die Stadt und die Kirche. Die Leute in dem Armenhaus waren es gewohnt, auf direktem Weg über dieses Grundstück in den Ort und am Sonntag in die Kirche zu gehen. Nun ließ Herr Sturgis einen Zaun um sein Grundstück ziehen und wo der Weg war, da baute er starke Tore ein, und diese Tore schloss er fest zu. Da konnten nun die Leute nicht mehr durchgehen. Sie mussten einen großen Umweg machen, und manche waren einfach zu schwach, um das zu schaffen. Da baten viele Leute Herrn Sturgis: „Mach doch die Tür auf!“ „Die Tür bleibt zu!“ erwiderte dieser klar und deutlich.
Es kam der Advent. Ein Chor zog durch die Straßen und sang an verschiedenen Orten der Stadt Adventslieder. Der Pfarrer Georg Weissel dichtete immer wieder neue Lieder. Auch in diesem Advent hatte er ein Lied gedichtet. Es hieß: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit. Ein König aller Königreich, ein Heiland, aller Welt zugleich.“ Ein Lied über den König Jesus Christus, der bei uns einziehen will.
Der Chorleiter wollte zunächst nicht vor dem Haus von Herrn Sturgis singen. Aber Pfarrer Weissel bat ihn ausdrücklich darum, und so willigte der Chorleiter schließlich ein. Zuerst hielt der Pfarrer eine kurze Ansprache. Er nahm Bezug auf das Matthäus-Evangelium mit der bekannten Stelle: ‘Was ihr einem der ärmsten und schwächsten Menschen getan habt, das habt ihr auch mir getan‘. Und wenn ihr Tore voreinander zusperrt, weil ihr Arme und Kranke nicht sehen wollt, dann versperrt ihr euer Herz auch vor Jesus, dem Kind in der Krippe, und dem König aller Könige. Öffnet das Tor in eurem Herzen und öffnet Türen zueinander, damit Jesus einziehen kann.“ Und dann fing der Chor an zu singen: „Macht hoch die Tür ...“
Herr Sturgis hörte wie die anderen Leute dem Chorgesang zu. Immer ergriffener wurde er, so wird erzählt, und bei der dritten Strophe soll er sogar zum Weinen angefangen haben. Da nahm Herr Sturgis seinen großen Schlüsselbund und schloss die Tore auf. Und weiter wird erzählt, dass er von diesem Tag an die Tore nie wieder zugeschlossen hat.
Die Adventszeit lädt auch uns ein, verschlossene Türen und Tore zu öffnen für jene, die unsere Hilfe brauchen.
Sr. Maria Hofstätter fmm