Pfingsten

Pfingsten

Durch Corona sind derzeit Reisen sehr eingeschränkt. Die Grenzen zu vielen Ländern sind immer noch dicht und werden nun so nach und nach wieder abgebaut. Viele erleben die geschlossenen Grenzen als sehr bedrückend und einengend. Eine Welt ohne Grenzen. Eine Welt, in der alle einander verstehen, über alle sprachlichen Grenzen hinweg. Das ist ein großer Wunschtraum.

Von diesem alten Menschheitstraum erzählt auch die Pfingstgeschichte in der Apostelgeschichte. Für Petrus und die anderen Jünger wurde dieser Traum Wirklichkeit. Plötzlich war da ein Brausen wie von einem gewaltigen Sturm. Zungen wie aus Feuer haben sich auf die Jünger gesetzt. Die Bibel nennt das Gottes Heiligen Geist. Dieses heilige Feuer hat die Jünger fähig gemacht, in ganz verschiedenen Sprachen zu sprechen und auf die Menschen zuzugehen.

Ein Heilig-Geist-Lied aus Frankreich lässt mich ein wenig davon nachempfinden. Es heißt: „Esprit de Dieu, souffle de vie.“ In unserem Gotteslob finden Sie es unter der Nr. 346. So geht das Lied auf Deutsch: „Atme in uns, Heiliger Geist, brenne in uns, Heiliger Geist, wirke ins uns, Heiliger Geist, Atem Gottes, komm!“ Und dann in der ersten Strophe: „Komm, du Geist, durchdringe uns, komm, du Geist, kehr bei uns ein! Komm, du Geist, belebe uns, wir ersehnen dich.“

So beschwört diese erste Strophe Gottes Geist – auch für Menschen heute im 21. Jahrhundert, nicht nur vor 2000 Jahren.

„Atme in uns, Heiliger Geist“: Die Bibel erzählt im Buch Genesis, wie Gott dem Menschen seinen Atem eingehaucht hat. Alles Leben hat etwas von diesem Atem Gottes, sagt die Bibel. Die ganze Welt ist so entstanden.

Mit diesem göttlichen Schöpfer-Atem können Menschen selbst etwas erschaffen: Kunst, Kultur, Musik, Theater, Bücher. Oder die Verständigung zwischen den Nationen, der europäische Gedanke.

„Komm, du Geist der Heiligkeit, komm, du Geist der Wahrheit! Komm, du Geist der Liebe, wir ersehnen dich.“, so heißt es in der 2. Strophe. Der alte Traum von Frieden, Völkerverständigung, von Miteinander der Nationen und einer Welt ohne Grenzen: wie aktuell ist dieser Traum in der zerrissenen und von einem Virus geprägten Welt von 2020!

Das Lied steht in fis-moll, einer seltenen Tonart – für Kirchenlieder wird sieeigentlich so gut wie nie benutzt. Eine Tonart, in der Schmerzliches undLeidenschaftliches anklingen kann, aber auch tiefe Sehnsucht. Es ist dieSehnsucht danach, dass die Welt heil wird und sie getragen wird Gott.

Und diese Sehnsucht will nicht nur träumen oder uns hinhalten, sie will mit Gottes Hilfe etwas Neues schaffen: Versöhnung, Einheit, Verständigung, Liebe – dafür brennt der pfingstliche Glaube! Dafür beschwört er Gottes Geist: „Komm, du Geist, mach du uns eins, komm, du Geist, erfülle uns! Komm, du Geist, und schaff uns neu, wir ersehnen dich.“ (3. Strophe).

2020 05 31 Pfingsten