Advent heißt wachsam auf Ankunft warten…

Advent heißt wachsam auf Ankunft warten…

Von 1942 bis 1975 – also 33 Jahre lang ging die Italienerin Antonia Cappa jeden Abend zur Bushaltestelle ihres Dorfes, um zu schauen, ob ihr Sohn heimkäme. Sie hatte von ihm als letztes Lebenszeichen einen Brief von ihm erhalten aus Tobruk in Nordafrika, wo er Soldat war.

Das war 1942. Danach kam nichts mehr…

Aber trotzdem ging sie jeden Abend, um den einzigen Bus aus der Stadt abzuwarten. Man kann es ausrechnen: Über 12000 Mal ging sie den Weg zur Bushaltestelle!

Wenn wir diese Geschichte hören, mögen uns ganz unterschiedliche Gedanken kommen:

Vielleicht der: Die Frau war doch nicht richtig im Kopf! Es muss ihr doch klar gewesen sein, dass ihr Sohn im Krieg gefallen bzw. vermisst war! Warum nimmt sie die angenommene Wahrheit nicht an und trauert nicht wie andere Mütter, die ihre Kinder beweinen? Vielleicht kann man sich aber auch in diese Mutter hineinversetzen in diesen Tagen, in denen auch heute 2022 wieder ein Krieg in Europa tobt. In mir steigt bei aller Tragik dieser Frau so etwas wie Bewunderung auf: Was hatte diese Frau für einen starken Glauben und unerschütterliche Hoffnung! Wieviel Lebenskraft mag sie daraus geschöpft haben aus der Zuversicht, ihr Sohn könnte noch leben!?!

Und nicht zuletzt: Was für eine starke Liebe hatte diese Frau! Eine Frau: Bereit unendlich zu warten bis zu ihrem eigenen Tod?!

Warten können! So heißt das Thema! Warten können aber fällt durchaus schwer!

Das fängt schon an der Supermarktkasse an und geht weiter beispielsweise zum Murren in der Arztpraxis, wenn die Reihenfolge der Patienten scheinbar durcheinander geht.

Abwarten fällt schwer: Zum Beispiel auch, wenn es darum geht, anderen die Chance zu geben, sich zu bessern.

Oder: wenn man meint, alles müsse immer gleich und sofort erledigt werden.

Abwarten fällt schwer, wenn einem Dinge im Berufsleben nicht gefallen oder man vermeintlich übersehen wird.

Abwarten fällt schwer, wenn es darum geht, Kindern oder Jugendlichen altersgemäße Dinge zu erlauben oder zu gewähren.

Abwarten können ist schwer, aber oft genau das, was angesagt ist und was weiterhilft!

Abwarten können hilft beim Reifen in jeder Hinsicht, abwarten können lässt einen gelassener werden, abwarten können ist ganz häufig klug und hilft, schwierige Situationen zu meistern.

Abwarten können ist auch ein Thema im Glaubensleben:

Ich denke an einen Johannes der Täufer, eine wirklich adventliche biblische Person.

Er spricht zu jenen, die sich nichts sehnlicher wünschen als eine Befreiung aus der römischen Knechtschaft und vielleicht noch mehr: dass der lang erwartete Messias endlich erscheint und sie aus so manchem Elend befreit.

Johannes spricht also zu dem Thema Messias und ist dabei selber ein Wartender.

Johannes der Täufer ruft den Wartenden damals und auch uns heute zu: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!

Anders gesagt: Warten auf Jesus und das Heil heißt nicht die Hände in den Schoß legen, heißt nicht untätiges Herumsitzen, sondern heißt täglich bereit sein und auch Schauen, was anderen beim Warten und zum Leben hilft.

Das wünsche ich uns allen nicht nur zur Adventszeit:

Dass wir in unserem Umfeld: Familie, Beruf, Nachbarschaft, Freundeskreis, Vereine, Schule: wache, aufmerksame und hilfsbereite Menschen sind und vor allem gelassen und geduldig!

Ich möchte schließen mit einem Gedanken in Richtung Antonia Cappa: Ich bin im Inneren davon überzeugt, dass sich das geduldige Warten dieser Mutter gelohnt hat:

Sie hat ihren Sohn im Reich Gottes wiedergefunden!