Zur Zeit ist der Begriff Quarantäne in aller Munde. Er ist dem Italienischen entlehnt und hat historischen, biblischen Hintergrund. Zur Zeit der Stadtrepubliken Italiens wollte man damit das Eindringen von Krankheiten verhindern. Der Magistrat der Stadt Venedig legte fest, dass Schiffe mit ihrer Besatzung und Ladung 40 Tage auf dem offenen Meer liegen müssen, bevor die Ladung gelöscht werden und die Besatzung die Stadt betreten darf. Auf den ersten Blick eine scheinbar willkürlich gewählte Zeit, mit der man die Ausbreitung von Krankheiten (konkret der Pest) verhindern wollte. Es gibt keine wissenschaftliche Erklärung dafür, keine medizinischen Erkenntnisse über die Krankheit. Der Erfolg dieser Maßnahme war begrenzt. Die Pest breitete sich über Südfrankreich auf dem ganzen Kontinent aus, dezimierte die Bevölkerung Europas um die Hälfte und führte zur Verödung ganzer Landstriche. Es brauchte Jahre und Jahrzehnte, diese Situation zu überwinden und schließlich die Krankheit zu besiegen. Diese Quarantäne brachte nicht den schnellen Erfolg.
Ein Hintergrund der Zahl 40 kommt mir in den Sinn. Immer wieder begegnet sie uns in der Bibel. Die 40 Jahre des Volkes Israel in der Wüste nach dem Auszug aus Ägypten bis zur Ankunft im „Gelobten Land“; die 40 Tage Jesu in der Wüste als Zeit der Vorbereitung auf sein öffentliches Auftreten; die 40 Tage, in denen Jesus nach seiner Auferstehung bis zur Himmelfahrt seinen Jüngern begegnet, sind eine Auswahl aus den 98 Nennungen der Zahl 40 in der Bibel. Es liegt auf der Hand, dass die scheinbar willkürliche Zahl des venezianischen Großen Rates Bezug zur Bibel hat und nicht einfach so festgesetzt wurde.
Vor uns liegt die 40-tägige Österliche Bußzeit, in der wir uns auf das Osterfest vorbereiten. Dabei stehen verschiedene Aspekte im Mittelpunkt. Nicht nur der Gedanke des Verzichts, der oft mit der Fastenzeit verbunden ist, sondern auch die Neuausrichtung auf Gott und seine Barmherzigkeit. Wir sind eingeladen, diese Tage als eine Zeit der Befreiung wahrzunehmen: von Enge, Ängstlichkeit oder lieblosem Blick. Es ist das Sich Ausrichten auf Gott, der sich uns zuwendet und darin bestärkt. Die Bilder, die ich auf dem Weg nach Klausen aufnehmen konnte, dienen der Ermutigung.
Zu den Bildern
Der Baum
Der Baum darf darauf vertrauen, dass er neue Kraft bekommt, zu neuer Blüte, zum Leben bestimmt ist. Das ist seine Botschaft an uns.
Der Strommast
Der Strommast hat mich erinnert an das Kreuz, das Zeichen der Erlösung, das in der Fastenzeit immer wieder in den Blick genommen wird. Er steht für die Energie, die unverzichtbar für das Leben ist. Stromausfall merken wir direkt und hoffen, dass er schnell behoben wird. Das geistliche und christliche Leben braucht Energie, die kostenlos verfügbar ist. Sie kommt von dem, der das Kreuz auf sich genommen und getragen hat.
Eine spannungsreiche bestärkende Fastenzeit 2022
Bernhard Schork